Eine IGT-Nachlese zur Anti-Hühnerfabriken-Demonstration in Eschlkam

Von Reinhard Reisinger



Der Deutsche Tierschutzbund brachte heuer im Sommer viele verschiedene Gruppen aus dem ganzen Bundesgebiet auf die Beine, natürlich auch - trotz Ferien - die IGT aus Griesbach, um gegen die Errichtung einer Eierfabrik zu protestieren. Am 29. August 1999 trafen sich die ca. 2.000 Tierschützer direkt an der tschechischen Grenze bei Eschlkam, um die Öffentlichkeit diesseits und jenseits der Grenze gegen eine Mammutfabrik zu mobilisieren, mit der neben einer Hühneraufzuchtstation eine gigantische Eierlegefabrik errichtet werden soll, in der ca. 1,8 Millionen (!) Hühner ihr Leben zum Profit weniger, dem Vernehmen nach auch deutscher Investoren wie dem sattsam bekannten Hühnermäster Pohlmann, erbärmlich fristen sollen. Verschiedene Rednerinnen und Redner brandmarkten dieses Vorhaben als primitiven Verstoß gegen die einfachsten Regeln des Tierschutzes und darüber hinaus als eine Zumutung für die Menschen der dortigen Region, die jahrzehntelang aus politischen Gründen benachteiligt waren und denen man so die Chancen verbaut, diese - noch - unberührte Region dem Tourismus zu öffnen.

Peinlich berührten einige Rednerbeiträge von Politikern, die derartige Projekte als brutalen Verstoß gegen den Tierschutz geißelten, obwohl solche Fabriken in Deutschland zur Genüge genehmigt sind und zwar seit Jahren, und sich bisher von diesen Verantwortlichen offensichtlich niemand die Frage gestellt hat, warum diese Machenschaften nicht von Anfang an bei uns verboten worden sind. In anderen Ländern, wie in der Schweiz, ist eine derartige Massentierhaltung verboten, warum also nicht auch bei uns? Der Verbraucher hat es satt, ständig nur hingehalten zu werden!

Vor den Wahlen ein bißchen Tierschutz gefällig, um dann wieder vier Jahre lang die Eierlobby nach Strich und Faden bedienen zu können? Den Verantwortlichen ist hierbei kein Argument zu dämlich: Einmal ist Brüssel schuld - obwohl Deutschland hier sehr wohl durch ein schärferes Tierschutzgesetz und seiner strikten Anwendung vorangehen könnte. Ein anderes Mal wird die beschämende Untätigkeit damit begründet, dass wir bei geringerer Eierproduktion in Deutschland dann von EU-Eiern überschwemmt werden, die ebenfalls aus solchen Eierfabriken, u. a. aus den Niederlanden, stammen. Mit einem solchen Totschlagargument verstellt man den Blick auf das Wesentliche: Die Wiedereinrichtung von Hühner-Freilandhaltungen, eine handfeste Kennzeichnungspflicht für alle Produktionsarten rund ums Ei, eine umfassende Verbraucheraufklärung, der Einsatz von Eiern bei Großverbrauchern aus Freilandhaltung als positives Werbemittel sowie nicht zuletzt auch der Verzehr von weniger Eiern könnte als Alternative durchaus dazu dienen, auch die Eierindustrie zum Nachdenken zu zwingen. Diese Passivität soll aber neben der "Pflege der Industrie" durch die Politik wohl auch dazu dienen, der "heiligen Kuh", nämlich dem freien Warenverkehr, nur ja keinen Stein in den Weg zu legen - anstatt endlich die Verantwortung auch für unsere Mitgeschöpfe nicht nur in billigen Sonntagsreden anklingen zu lassen, sondern auch endlich danach zu handeln.

So aber bleibt der Verbraucher und damit jeder Einzelne aufgerufen, bewußter zu reagieren und sich nicht mehr jedes Ei als möglichst billig andrehen zu lassen! Wenigstens einzelne Eier-Großanbieter haben die Zeichen der Zeit schon erkannt und bieten Eier aus kontrollierter Freilandhaltung an. Es liegt also auch an Dir und mir, um diese Profitgier gewissenloser Eierproduzenten das Handwerk zu legen. So gesehen war die Demonstration nicht umsonst, auch wenn diese Eierproduktion doch endgültig genehmigt werden sollte. Merke: Wer zuletzt ißt, lacht am besten!


Reinhard Reisinger


(Mit freundlicher Genehmigung aus "IGT informiert" Heft 4)